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Lernen sichtbar machen

Ein guter Lehrer setzt hohe Erwartungen. Er schafft ein fehlerfreundliches Klima in der Klasse, stellt auch sein Handeln immer wieder infrage, evaluiert seinen eigenen Unterricht fortlaufend und arbeitet mit anderen Lehrern zusammen. Wir brauchen Lehrer, die Unterricht nicht als Monolog sehen, sondern als Dialog, die immer und immer wieder im Schüler etwas suchen, wovon keiner etwas weiß und woran schon keiner mehr glaubt, die mit Leidenschaft und Kompetenz von ihrem Wissen, aber auch ihrem Leben erzählen..
Prof. Hattie

Bildungsforscher

In seinen Forschungen beschäftigt sich John Hattie vor allem mit Einflussfaktoren auf gelingende Schülerleistungen. Er ist ein Verfechter der evidenzbasierten, quantitativen Forschungsmethoden, um die Wirkungsfaktoren auf Schülerleistungen zu untersuchen. Bekannt geworden ist John Hattie durch die Hattie-Studie, die er in seinem Buch Visible Learning präsentierte. Er stellte Indikatoren für gute Schülerleistungen zusammen und legte dar, dass es weiterhin stark auf die Lehrperson ankomme, ob Schüler in der Schule erfolgreich sind. Laut Hattie findet erkennbares Unterrichten und Lernen („visible teaching and learning“) statt,

  • wenn das aktive Lernen jedes einzelnen Lernenden das explizite Ziel ist,
  • wenn es angemessen herausfordert,
  • wenn der Lehrer und der Schüler (auf ihren unterschiedlichen Wegen) überprüfen, ob und auf welchem Niveau die Ziele auch wirklich erreicht werden,
  • wenn es eine bewusste Praxis gibt, die auf eine gute Qualität der Zielerreichung gerichtet ist,
  • wenn Feedback gegeben und nachgefragt wird und
  • wenn aktive, leidenschaftliche und engagierte Menschen am Akt des Lernens teilnehmen.

Für Hattie ist erfolgreiches Lehren und Lernen im Klassenraum auch unmittelbar sichtbar. Je mehr der Lernende dabei selbst zum Lehrenden und der Lehrende zum Lernenden werden, desto erfolgreicher verlaufen die jeweiligen Lernprozesse. Für Hattie ist das Lernmodell der Autoren Biggs und Collins (1982) leitend, das vier Ebenen des Lernens unterschiedet:

  1. Faktenwissen (mit der Disziplin vertraut werden und in ihr Probleme lösen),
  2. konzeptuelles Wissen (Zusammenhänge zwischen Elementen in einer großen Struktur erkennen),
  3. prozedurales Wissen (Methoden kennen und anwenden können) und
  4. meta-kognitives Wissen (Wissen über das Verstehen selbstreflexiv anwenden können).

Abschließend stellt er fest: „The process of learning is a journey from ideas to understanding to constructing and onwards. It is a journey of learning, unlearning, and overlearning.“

Weiterführende Links

Feedback

Feedback kann nur wirksam werden, wenn Lehrende und Lernende sich gemeinsam für das Lernen und die Gestaltung von Lernarrangements verantwortlich fühlen –wobei jede Seite ihre je eigene Aufgabe hat. Diese Haltung ist kein Selbstläufer – daran muss immer wieder gearbeitet werden bei Lehrenden und bei Lernenden.1

Prof. Bastian

Erzeihungswissenschaftler

Hinweise zur Verwendung von Feedbackmethoden2:

  1. Entscheidend für das Gelingen ist eine Haltung des Lehrenden, wie sie für alle Arrangements zur Beteiligung grundlegend ist: Neugier und Vertrauen in die Gestaltungskraft von Lernenden.
  2. Wenn die Haltung stimmt, dann erträgt die Umsetzung der Verfahren erstaunlich viele Fehler und dennoch entstehen sehr hilfreiche Befunde.
  3. Wenn die Haltung nicht stimmt – wenn also kein Interesse und kein Vertrauen da sind, dann produzieren auch perfekte Instrumente Artefakte, weil jeder Beteiligte Gründe und Möglichkeiten zum Täuschen hat.
  4. Rückmeldeformen und -instrumente sollten nicht einfach übernommen werden; besser ist, sie an die eigene Situation und Fragestellung anzupassen.
  5. Rückmeldeformen und -instrumente sind dann geeignet, wenn die Beteiligten von ihrem Sinn überzeugt sind, weil sie sich davon Verbesserungen versprechen.

 

Hinweise zur Durchführung eines Feedbackverfahrens im PDCA-Format3

 

Feedback planen, Ziele klären

Am Beginn eines Feedbackprozesses stehen die Wahl eines Themas, zu dem die Lehrkraft gerne Rückmeldungen haben möchte, sowie die Auswahl einer geeigneten Methode bzw. eines Feedbackinstruments. Es gibt im Bereich Unterricht bzw. Lehr-Lernprozesse viele verschiedene Themen, auf die sich ein Feedback beziehen kann, z.B.

  • Welche Lehr- und Lernformen sprechen die Schüler/innen an und welche nicht?
  • Wie zufrieden sind die Schüler/innen mit der heutigen Unterrichtseinheit?
  • Warum gibt es in einer ganz bestimmten Klasse immer wieder Unzufriedenheit in Bezug auf den Unterricht?
  • Wie kann ich Schüler/innen zu mehr Selbstverantwortung im Hinblick auf ihr eigenes Lernen motivieren?
  • Welche Kompetenzen haben die Schüler/innen erworben?

Passend zur Fragestellung für das Schüler/innenfeedback gilt es dann, ein Feedbackinstrument auszuwählen. Folgende Aspekte sind (u.a.) bei der Auswahl zu bedenken:

  • Passt das gewählte Instrument zu meiner Fragestellung?
  • Passt das Instrument zur Schüler/innengruppe, die ich befragen möchte?
  • Kann ein bestehendes Instrument verwendet werden? Kann ein bestehendes Instrument für meine Fragestellung angepasst werden? Überlege ich mir ein neues Instrument?
  • Welche Instrumente wurden bei der befragten Schüler/innengruppe von mir oder von anderen Lehrkräften bereits eingesetzt? (Vermeidung des Einsatzes von immer denselben Instrumenten)

Feedback durchführen und Daten erheben

  • Es ist wichtig zu überlegen, wann das Feedback durchgeführt wird. Wenn ein Feedback z. B. am Ende eines Schuljahres durchgeführt wird, kann das zur Folge haben, dass die Lehrkraft den Unterricht für die befragte Klasse gar nicht mehr verbessern kann. Andererseits können solche „summativen Feedbacks“ (Feedbacks am Ende eines Prozesses) auch sehr zweckmäßig sein, wenn es z. B. um die Gesamteinschätzung eines ganzen Schuljahres geht.
  • Die Schüler/innen sollten darüber informiert werden, warum das Feedback durchgeführt wird und was mit den Ergebnissen passiert.
  • Manchmal kann es sinnvoll sein, Schüler/innen die Möglichkeit zu geben, das Feedback anonym durchzuführen. Dieser Aspekt spielt auch bei der Auswahl der Feedbackmethode eine Rolle. Umgedrehte Flipcharts, die von den Schüler/innen anonym bepunktet oder beschrieben werden können, sowie Materialien, die ohne Namensnennung abgegeben werden können, sind Möglichkeiten, Anonymität zu gewährleisten.
  • Lehrkräfte sollten während der Durchführung des Feedbacks vor allem zuhören und das Gesagte auf sich wirken lassen. Eine sofortige Reaktion auf die Äußerungen der Schüler/innen oder eine Verteidigung sollte vermieden werden. Erst bei der Analyse der Ergebnisse (siehe nächster Schritt) nimmt die Lehrkraft Stellung zu den Ergebnissen („Zurückspielen“). Bei Unklarheiten oder offenen Punkten ist es sinnvoll, nachzufragen und sicherzustellen, ob das Feedback einzelner Schüler/innen richtig verstanden wurde. Zum Abschluss der Durchführungsphase sollte ein wertschätzender Dank für das Feedback der Schüler/innen erfolgen, auch oder gerade wenn kritische Aussagen darunter sind. Das ist wichtig für den Aufbau einer Feedbackkultur, die sich dadurch auszeichnet, dass unterschiedliche Wahrnehmungen ernst genommen und andere Standpunkte akzeptiert werden.

 

Ergebnisse analysieren

Die Ergebnisse eines Feedbacks sollen mit allen Beteiligten analysiert und bewertet werden, damit es zu einer wirksamen Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen durch die Lehrkraft kommen kann. Bevor jedoch das Feedback gemeinsam mit den Schüler/innen analysiert wird, ist es sinnvoll, dass Lehrkräfte die Ergebnisse zunächst einmal für sich allein auf sich wirken lassen und reflektieren. Bei der Interpretation der Ergebnisse können folgende Fragestellungen hilfreich sein:

  • Was bedeuten die Ergebnisse für mich?
  • Was habe ich erwartet, was nicht? Überraschen mich die Ergebnisse?
  • Was bestätigt, was widerspricht meiner eigenen Einschätzung?
  • Wo zeigt sich Handlungsbedarf bzw. wo sehe ich Ansatzpunkte für Veränderungen?
  • Welche konkreten Verbesserungsmöglichkeiten kann ich aus den Ergebnissen herauslesen?

Nachdem die Daten von der Lehrkraft persönlich ausgewertet wurden, ist es wichtig, die Schüler/innen in die Besprechung der Feedbackergebnisse einzubinden. Dateninterpretation gelingt dann besonders gut, wenn die Ergebnisse aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Wenn Schüler/innen an diesem Prozess beteiligt werden, fühlen sie sich ernst genommen und sind vermutlich auch in Zukunft wieder bereit, sich bei Feedbackprozessen einzubringen. Es ist wichtig, die Schüler/innen zu Beteiligten im Feedbackprozess zu machen. Verantwortlich für den Erfolg von Lehr-/Lernprozessen sind niemals nur die Lehrkräfte allein, sondern auch die Schüler/innen. Soll es zu Verbesserungen kommen, müssen sich (in den meisten Fällen) beide Seiten beteiligen und entsprechende Aktivitäten in einem gemeinsamen Prozess umsetzen. Es kann durchaus sein, dass sich auch für die Schüler/innen durch das Feedback Konsequenzen für ihr eigenes Lernen ergeben (Was kann ich tun, um meinen eigenen Lernprozess zu verbessern?).

Bewährtes beibehalten und Verbesserungsmaßnahmen umsetzen
Schüler/innenfeedback kann nur dann sinnvoll umgesetzt werden, wenn Lehrkräfte tatsächlich Interesse an den Rückmeldungen der Schüler/innen haben und eine grundsätzliche Bereitschaft zur Verbesserung des Unterrichts besteht. Sehr häufig werden Lehrkräfte bei der Einholung von Feedback positiv bestätigt in dem, was bereits gut funktioniert. In dieser Hinsicht erfüllt das Feedback eine nicht zu unterschätzende motivierende und positiv verstärkende Funktion für die Lehrkraft. Darüber hinaus werden vermutlich Bereiche angesprochen, in denen sich die Schüler/innen Verbesserungen oder Veränderungen wünschen. Ob und was davon umgesetzt werden kann, entscheidet alleine die Lehrkraft.

Unter Umständen sprechen Schüler/innen auch Verbesserungen an, die aufgrund von gegebenen Rahmenbedingungen nicht umgesetzt werden können. In solchen Fällen ist es wichtig, dass Lehrkräfte darauf hinweisen und die Gründe dafür darlegen. Genauso wichtig ist es, dass Lehrkräfte den Schüler/innen gegenüber klar kommunizieren, welche Veränderungen sie umsetzen möchten. Nach einer gewissen Zeit ist es auch sinnvoll, noch einmal (unter Einbeziehung der jeweiligen Klasse) zu überprüfen, ob die Schüler/innen Verbesserungen tatsächlich wahrgenommen haben. Es gibt selbstverständlich viele Themen, bei denen Schüler/innen ebenso ihren Beitrag leisten müssen, damit lernwirksame Verbesserungen im Unterricht umgesetzt werden können.

  1. Johannes Bastian: Hinweise zur Gestaltung von Feedbackarbeit. In: Pädagogik, Ausgabe 04, Jahr 2014, Seite 35, Beltz-Verlag
  2. ebda.
  3. https://arqa-vet.at/fileadmin/Dokumente/arqa-vet.at/ifb/IFB_2017.pdf